Gitarre & Bass  10/1999 (Germany) by Michael Dommers - The Blue 100 head



The blue Series
G E O R G E D E N N I S VA 1OO-H

Nach einigen Anlaufproblemen und erneutem Vertriebswechsel
sind die Röhrenamps von George Dennis, die ja bereits auf der
98er Frankfurter Messe zu sehen waren, nun endlich lieferbar.

Das Programm der The Blue Series umfasst zwei Combos (1 x 12“/60Watt, 2x 12“/100 Watt), zwei Topteile (60/100Watt)
und vier Lautsprecherboxen (1 x-, 2x-, 4x 12“ A/B). Die üppig ausgestatteten vierkanaligen Amps werden in der Thechischen Republik handgefertigt.

k o n s t r u k t i o n

Der VA100-H bringt, anders als sein kompaktes Multiplex-Gehäuse vermuten lasst, einen guten halben Zentner auf die
Waage. Wie schwer moegen dann erst die Combos sein?! Die puristische Schaltung beschäftigt fünf 12AX7-Vorstufen- und
vier EL34-Endröhren, die satte 100 Watt raustun. Mit drei völlig getrennt agierenden Kanälen, wovon einer zwei regelbare
Gain-Stufen bereithält (Lead A/B), Accutronics-Federhall, serieller FX Loop, symmetrischem DI-Out (XLR) und drei
Speaker-Anschlüssen für 4, 8 und 16 Ohm-Betrieb darf man die Ausstattung durchaus als luxuriös bezeichnen, zumal der
5fach-Fusschalter (vier Kanäle und Hall) mitsamt 6 m langem Steuerkabel zum Lieferumfang zählt. Optional lässt sich der
Amp auch MIDI-fzieren.
Ausgesprochen solide präsentieren sich Konstruktion und Aufbau des Tops. Schon das Gehäuse aus 18 mm Multiplex
(dunkelbraunes wasserabweisendes Flightcase-Material) mit blauem Vinyl-Bezug, acht Stahlecken, grossen Gummifüssen,
abschirmender Alufolie unter der Decke und vierfach verschraubtem Tragegriff deutet darauf hin. An der Frontplatte hängt das Accutronics-System, die Send- und Return-Anschlüsse sind gesteckt. Rechts und links daneben fördern runde Öffnungen die Luftzirkulation. Nicht weniger robust präsentiert sich das verschweisste, oben offene AmpChassis aus 2 mm Stahlblech, das von Leisten und vier Gewindeschrauben getragen wird. Die beiden überaus grosszügig dimensionierten Netz- und
Ausgangstrafos hat man mit zusätzlichen 2 mm Blechgehäusen umgeben. Sämtliche Röhren hängen, durch Alukappen bzw.
Federhalterungen gesichert, in verschraubten Keramiksockeln. Die Rückseite wird von einem Lochblech abgedeckt,
unmittelbar dahinter sind die Endröhren zugänglich. Etwas umständlicher gestaltet sich dagegen das Auswechseln der fünf
12AX7. Im Innern zeigen sich hochwertige elektronische Bauteile, tadellose solide Verarbeitung und grösstenteils freie
Handverdrahtung. Buchsen, Potis, Schalter, Taster und Sicherungshalterungen hat man mit dem Chassis verschraubt,
geklemmte Fassungen von LEDs und Netz- bzw. Standby-Schalter zusätzlich mittels Silikon fxiert. Auf der zentralen Platine sind auch ein paar ICs und Halbleiter der Kanalsteuerung zu fnden, die keinerlei Einfluss auf das Signal haben. Das Netzkabel wird úber eine Zugentlastung direkt ins Chassis geführt und am Gehäuse durch eine Schelle gehalten.
Bedienelemente: Die leicht geneigte Frontplatte hat man übersichtlich in die Sektionen Input (Hi/Lo), Clean, Crunch, Lead,
Master und Standby-/Netzschalter aufgeteilt. Sämtliche Bedienelemente werden durch den vorstehenden Gehäuserand
geschützt. Taster mit Status-LEDs übernehmen die manuelle Kanalwahl auch dann, wenn der Fussschalter in Betrieb ist. Die Kanäle Clean, Crunch, Lead Gain A und Lead Gain B sind durch blaue, gelbe, orange bzw. rote Leuchtdioden gekennzeichnet. Nur am Fussboard, das von einem stabilen Stahlblechgehäuse umgeben ist, wird der Hallzustand von einer
grünen Diode angezeigt. Zusätzlich zu den Potis erweitern kleine Kippschalter die Klangvielfalt.Der Clean Channel bietet die Regler Volume 1, Treble, Middle, Bass und Dynamic Presence, ein Sweep-Schalter fungiert als Mitten-Boost. Mit Gain, Treble, Bass, Volume 2, einem Gain Boost- und einem Mid-Shift Schalter, der die werksseitig eingestellte Mittenanhebung verschiebt (Hi/Lo), ist der Crunch-Kanal am Start. Der Lead Channel verfügt über die Gain-Stufen A und B, ein Contour Switch hebt die Präsenzen von Lead B an. Treble, Middle, Middle Sweep (untere Mitten), Bass und Volume 3 stehen beiden Gain-Stufen zur Seite. Die Master Section umfasst Volume, Cut (filtert bei Rechtsdrehung Höhen heraus) und Reverb. Ein Hi/Lo-Schalter beeinflusst den Klang des Federhalls: In der Lo-Position klingt der Hall waermer und dezenter, Hi erzeugt stärkere Höhen. Auf der Ruckseite finden wir einen Spannungswahlschalter (115/230 Volt), Halterungen der Mains- und H.T.-Sicherungen, die serielle FX Loop mit Send, Return und Send Level Switch, Fusschalteranschluss (Stereoklinke), DI Out und drei SpeakerAusgänge mit Impedanzschalter (1 x 4, 8 und 16 Ohm, 2x 8 und 2x 16 Ohm). Die MIDI-Buchsen In, Out) sind durch Blindeinsätze verschlossen.

p r a x i s

Es empfiehlt sich, bei Verwendung von Humbuckern oder anderen leistungsstarken Pickups unbedingt den Lo-Input des
VA100-H zu benutzen, da sich der Clean Channel nicht allzu übersteuerungsfest zeigt. Aber selbst dann sind dem ersten
Kanal völlig verzerrungsfreie Sounds nur bis maximal Position 7 des Volume-1-Potis zu entlocken. Die Klangreglung geht
mit Ausnahme von Bass und Dynamic Presence recht wirkungsvoll ans Werk, so dass letztlich genügend
Variationsmäglichkeiten zur Verfügung stehen. Insgesamt liefert der Clean Channel saubere, glasklare und warme Sounds,
die je nach Volume-1-Setting, PU-Leistung und Anschlagsintensität auch bluesig anzerren oder crunchen koennen. Eine breite Palette von leicht angezerrt bis zu erdigem heavy Rhythmussound britischen Charakters deckt der Crunch-Kanal ab, allerdings kommen hier Transparenz und Zerrharmonie ein wenig zu kurz. Wenngleich Klangreglung und Boost Switch, der die Verzerrung im unteren Frequenzbereich anhebt, wirkungsvoll ins Geschehen eingreifen, läflt sich der leicht bedeckt wirkende Sound nicht zur vollen Zufriedenheit korrigieren. Deutlich transparenter und harmonischer präsentiert sich der Lead-Kanal, dessen Gain-Regler bei identischen Einstellungen auch gleiche Verzerrungsgrade hervorrufen. Hier sind von leichtem Crunch bis zu sustainreichem High Gain Lead zahlreiche Varianten stufenlos und feinfühlig realisierbar. Lead Gain B wurde werksseitig noch mit stärkeren Höhen und oberen Mitten gewürzt, und der Contour Switch fügt noch einen guten Schuss Präsenzen hinzu, was letztendlich der Transparenz zugute kommt. Insgesamt steigt The Blue VA100-H sensibel auf jede Nuance der Spieldynamik ein und setzt sie adäquat um. So kann er ebenso lieblich säuseln wie aggressiv zubeissen und reagiert auch feinfühlig auf das Volume-Poti der Gitarre. Angenehme Zurückhaltung beweist das Top in Sachen Nebengeräuschen, die selbst bei extremen High-Gain- und EQ-Settings kaum der Rede wert sind. Die Kanalwechsel vollziehen sich manuell oder per Fussschalter verzögerungsfrei und geräuschlos. Die hochwertigen Taster des Fussboards sind gewoehnungsbedürftig, da sie sich für meinen Geschmack etwas zu schwergängig zeigen. Den Hall hat man im Signalweg hinter der FX Loop angeordnet. Er wurde sehr gut abgestimmt, klingt warm, homogen und schlägt selbst bei Höchsteinstellungen nicht über die Stränge. Die Möglichkeit der Klangbeeinflussung ist lobenswert, in der Praxis dürfte jedoch stets die Hi-Position des Schalters zum Einsatz kommen. Die serielle FX Loop arbeitet klangneutral und pegelmäsig ohne Probleme. Wird sie nicht verwendet, beeinflusst der Send-Level-Schalter nicht nur die Gesamtlautstärke des Amps, sondern sorgt in seiner Hi-Stellung noch für den zusätzlichen Wumms „unten herum“. Der symmetrische DI-Ausgang liefert ein Signal ohne Frequenzkorrektur, dessen Pegel vom Mastervolume beeinflusst wird. Abschliessend sei noch darauf hingewiesen, dass die Endroehren eine enorme Hitze entwickeln, und das rückseitige Lochblech unter Umständen gefährlich heiss werden kann.

r e s ü m e e

Der George Dennis The Blue VAl00H ist ein reinrassiger Röhrenamp, dem angesichts seiner soliden Konstruktion und
Verarbeitung ein langes Leben beschert sein dürfte. Die flexibel einstellbaren Sounds seiner vier Kanäfe überzeugen ebenso wie die Umsetzung jeglicher Spieldynamik und sein defensives Nebengeräuschverhalten. Allein beim Crunch-Kanal sind
aufgrund mangelnder Transparenz (für meinen Geschmack) leichte Abstriche zu machen. Ein Amp mit dieser luxuriäsen
Ausstattung hätte auch eine parallele FX Loop verdient. In Anbetracht der Tatsache, dass der aufwendig konzipierte,
superrobuste Fussschalter zum Lieferumfang zählt, kann man dem Amp ein sehr gutes Preis/Leistungsverhältnis
bescheinigen.

Fabrikat: George Dennis
Modell: The Blue VA100-H
Herkunftsland: Tschechische Republik
Gerätetyp: E-Gitarrenverstarker, Topteil, 4 Kandle, Rohrenschaltung (5x izAX7, 4x EL34)
Leistung: 100Watt, 4/8/i6 Ohm
Gehause: 18 mm Multiplex (Flightcase-Material), blauer Vinyl Bezug, 8 Stahlecken, Lochblech (Rückseite),
Textilfrontbespannung, grosse Gummifüsse, Tragegriff
Anschltisse: 2x Input (Hi/Lo), 3x Speaker Out 1x 4, 2x 8, 1x 8, 2x 16, 1x 16 Ohm)
sym. DI Out (XLR), Footswitch (4 Kanäle, Reverb on/off), Effects Send und -Return
Regler: Clean Channel: Volume 1, Treble, Middle, Bass, Dynamic Presence; Crunch Channel: Gain, Treble, Bass, Volume2
Lead Channel: Gain A, Gain B, Treble, Middle, Middle Sweep, Bass, Volume 3;
Master: Volume, Cut, Reverb
Schalter:Clean Sweep, Crunch Boost, Mid Shift Hi/Lo, Lead Contour, Reverb Hi/Lo, Speaker Impedance,
FX Send Level Hi/Lo, Spannung 115/230 Volt, Standby, Power
Taster: Channel Select: Clean, Crunch, Lead A, Lead B jeweils mit LED
Effekte: Accutronics-Federhall
Einschleifweg: seriell, mono
Sonstiges: MIDI In/Out optional
Masse: 557 x 273 x 270 (BHT, mm)
Gewicht: 25,5 (kg)
Preis: ca. DM 1990, (inkl. Fufsschalter)

PLUS
· Sounds
· Wiedergabedynamik
· klanglich flexibel
· Nebengeräuschverhalten
· Ausstattung, Fussschalter
· Konstruktion,
· Verarbeitung

MINUS
· Wechsel der Vorstufenroeren umständlich
· keine parallele FX Loop